Nur drei grosse Hersteller produzieren (im Auftrag aller anderen) mehr oder weniger alle Gitarren der Welt …(14. Dezember 2014)

This Guitar is made in USA - China - Germany - England - Korea … made in Wonderland?

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Nur drei grosse Hersteller produzieren (im Auftrag aller anderen) mehr oder weniger alle Gitarren der Welt … 

Dieser Beitrag ist noch in Entwicklung:


… „Ghost Built Or Ghost Building Guitars“

erklärt von „Scott Grove“:

http://www.youtube.com/watch?v=AdkT86ZAOms


Cort und Samick sind zwei der ganz grossen Hersteller … Da müssen wir unsere blinde Markentreue doch einfach mal neu überdenken …


Im folgenden Beitrag möchte ich weder einzelne anprangern noch mir das Recht herausnehmen, die absolute Wahrheit zu verkünden. Ich möchte einfach die etwas allzu blauäugige Vorstellung der Dinge etwas ins rechte, weniger von der Werbung beeinflusste Licht setzen, möchte euch motivieren, euch selbst zu informieren, um so der Wahrheit etwas näher zu kommen.

Was wir hier über Gitarren besprechen, gilt im übertragenen Sinn übrigens auch für eure Jeans (made in Italy aus Indien), für euer Auto und euren mehr oder halt auch weniger sauberen CH-Stausee-Strom.


Vergessen wir nie, dass ein Instrument erst erklingt, wenn es von jemandem gespielt wird. Die zwei funktionieren dann immer in der jeweiligen Qualität miteinander. Bei jedem Zupf, bei jedem Schlag, Druck oder Atemzug …


Wir kennen:

Fender, Gibson, Jackson, PRS, Charvel, Schecter, G&L … made in USA. So steht's geschrieben.

Ibanez … made in Japan. So steht's geschrieben.

Ovation, amerikanische Firma, wird (grösstenteils) in Korea hergestellt.

Gretsch, amerikanische Firma, wird (grösstenteils) in Japan (oder sonst wo?) hergestellt.


Der wirklich Interessierte sollte sich erst einmal sensibilisieren für die Unterscheidung von

– "Designer = Planer, Konstrukteur und Namensgeber",

– "Builder = Bauer" und

– "Distributer = Vertreiber oder Vermarkter" eines Gitarrenmodells.


"Ghostbuilder" ist jetzt unser Schlüsselwort.

Ghostbuilder bedeutet, dass eine Fabrikationsstätte irgendwo zu vom Auftraggeber genau vorgegebenen Standarts Gitarren herstellt und auf dem Headstock (Gitarrenkopf) das Emblem des Auftraggebers aufdruckt (oft inkl. des dadurch hinterfragenswürdigen "Made in"-Stempels).

Drei gigantische Hersteller (u.a. Cort (Südkorea) und Samick (Korea, China, Indonesien, USA/bekannt v.a. durch Klaviere) produzieren nahezu das gesamte Volumen weltweit. Große (und kleinere) Unternehmen schließen dabei mit diesen Mega-Herstellern Verträge zur Produktion in grösserem Volumen und damit von günstigeren Gitarren ab. Aber mit ihrem Logo und Namen drauf. So werden etwa Ibanez, Schecter, G&L (Tribute Serie), Parkwood, Takamine, Gretsch, Gibsons Epiphone, Fenders Squire und viele andere produziert … was da jetzt zu wievielen % bei wem mehr oder weniger zutrifft, ist an dieser Stelle für unsere Sache nicht ganz wichtig.

Godin, Kanadas renomierte Marke, stellte früher für viele namhafte Anbieter (Kramer uvm.) qualitativ hochwertige Instrumente her. Eigentlich der einzige Hersteller, bei dem wir heute annehmen können, dass er am eigenen Mutterstandort herstellt …

Ich denke, wir müssen uns mal loslösen von der Idee, dass eine bestimmte Marke in einer bestimmten Produktionsstätte, geschweige denn einer einzigen Werkstatt oder gar eine Gitarre von einem einzigen Meister gefertigt wird …


Einige Gedankenanstösse:

– Für die grossen Künstler, die Meister, unsere Guitarheros (Slash, Eric Clapton, Eddi Van Halen, Steve Vai** uvm) werden ihre Instrumente in speziellen Werkstätten als Einzelstücke von Meisterbauern (oft in enger Zusammenarbeit mit den Spielern) gefertigt. Da sind dafür auch schnell mal 10'000 US$ fällig, da bestehen Werbeverträge* und da steht genau das gleiche Logo auf dem Meisterinstrument wie auf unserem Instrument, das gerademal knappe 1000 US$ kostet oder eben auch nur schlappe 498 CHF.

Grosse Produktionsstätten, wo Gitarren so hergestellt werden, dass wir sie bezahlen könne, sind gar nicht eingerichtet, individuelle Wünsche zu erfüllen.

*Gene Simmons von Kiss bekommt anscheinend für jeden "Kiss-Axt-Bass von Kramer" 1000 US$ Provision.

**Steve Vai und Ibanez sind eng verknüpft mit der Universe-, der 7-Saiter-Serie


– Wir sollten uns auch loslösen von scheinbaren Qualitäts-"Beweisen" durch Zertifizierungen wie "Made in USA" und all solchem. Die entsprechen meist nicht unseren Vorstellungen. Das muss auch nicht immer schlecht sein. Die vielleicht besten "bezahlbaren" Serien-Fender wurden (im Auftrag von Fender) in Japan (bei der Firma Fujigen in Matsumoto, Präfektur Nagono) gebaut. Übrigens auch der "hervorragende" Teil von Ibanez.


– Eine Produktionsstätte der zweifellos beeindruckenden Gitarrenmarke Ibanez gibt es nicht. Ibanez wird an den verschiedensten Orten auf der Welt und in den verschiedensten Qualitäten gefertigt. Alle tragen den gleichen Namen.


– Gitarrenbestandteile werden irgendwo verleimt, gebohrt, gefräst, lackiert, poliert etc. und im "Produktions- sprich "Made in"-Land" endmontiert … naja, die präzise Endmontage von Holz-, Metall-, elektronischen und anderen Bestandteilen und vor allem die Endkontrolle, der Qualitätsstandard oder die Toleranzspanne ist massgebend.


– Fender ist ein Riesenkozern, der eine ganze Menge an Marken vereint und entsprechend vermarktet: Fender, Squire, Gretsch, Guild, Jackson, … und andere. Fender kann so den Händlern diktieren, dass sie dieses nur bekommen, wenn sie auch jenes fördern.


– Gibson in Nashville, Tenessee, war Opfer einer grossen Überschwemmung. Holz- und Produktionsstätten-Verlust zwang sie, ihre Modelle bei (kompetenten) Ghostbuildern herstellen zu lassen.


Ein wichtiger Aspekt beim allgemeinen "möglichst profitabel und konkurrenzfähig produzieren" und "billig verkaufen" ist sicher das anhaltende Schmelzen der Händlermarge. Folge: wir können immer seltener alles anfassen und ausprobieren, nur noch billig angeboten bekommen. Ein anderes Kapitel.


Es gibt übrigens auch die sogenannten "Ghostplayer", die hinter der Bühne etwas Keyboardsound ins reine "Saitenrock-Trio" zaubern – die Fans wollen halt nicht unbedingt einen bleichen, bebrillten Tastenbubi in ihrem Theater (hihi) –, oder es sitzt halt auch mal ein bescheidener, gut bezahlter Saitenvirtuose in den Kulissen und zaubert aus dem dunkeln Hintergrund dem besoffenen "Soundso" ein exzellentes Gitarrensolo hin, das er im umjubelten Taumel im Rampenlicht über die Bühne einfach nicht mehr hinkriegen würde. Hey, Freunde, das ist wie der Schauspieler und der Stuntman …


Die Ibanez Iceman ist – für Blues Lee – eine der schönsten Gitarren. Sie wurde aber anscheinend nicht vom "Gitarren-Konstrukteur" sondern vom reinen Disigner gezeichnet. Auf jeden Fall von Paul Stanley von "Kiss", dem mit dem Stern, gespielt und promoted. Gebaut aber in einer kleinen Werkstatt in … tja, das wissen wir jetzt, dass wir das eben nicht einfach wissen.


(Fortsetzung folgt demnächst)